Dienstag, 20. September 2011

Vermengtes zum Herbst, nicht zwingend des Lebens

oder: Titten, Tränen, Nippel und Nädel

Um nicht schon wieder mit den Drums anzufangen: Chairlift haben ein großartiges neues Video zur ersten Single ihres neuen, zweiten Albums gemacht, das herrlich 80er aussieht. Teils vom gezeichneten Gesicht ihres Bandkollegen Patrick Wimberly überlagert tanzt Caroline Polachek wie von der Kate Bush gestochen einen toll selbst choreografierten Ausdruckstanz durch ein simples, angelynchtes VHS-Setting mit Retro-Untertiteln. Die Tatsache, dass sie dabei nicht aussieht wie Beyoncé, sorgte bei Youtube (leider aus Deutschland nicht einsehbar) für wunderbare Kommentare von sehgewohnheitsverletzten Pop-Kids, zum Beispiel wo denn ihre Brüste geblieben seien, woraufhin Caroline sachlich kommentierte "My tits are on vacation, will be back in the office monday!" Wenn in Zukunft mehr (Pop-)Sängerinnen ihren Sexappeal nicht mehr in einem Bauchladen vor sich hertragen, sondern eher aussehen wie (die wie ich finde ziemlich attraktive) Caroline, wäre dies nicht zu verachten. Aber seht selbst!


Die Drums haben unterdessen ihr "schwieriges" zweites Album geschrieben und, man darf vermuten aufgrund einer gescheiterten Beziehung des Sängers mit einem Jungen aus Dänemark (von dem Ersterer in einem Interview sprach [Wer ist diese Schlampe?]) und vielleicht garnicht so sehr wegen dem Ausstieg des Gitarristen Adam, ist dieses Album ein totales Trennungsalbum geworden. Es beginnt mit einem Bekenntnis zum Atheismus (wobei so eine Trennung ja auch immer bedeutet, den Glauben an etwas zu verlieren) und befasst sich dann im folgenden mit schwindender Coolness mit dem Ende der Liebe. Erst wird noch konstatiert, dass man sich nie brauchte, dass man von Anfang an wusste, dass es nix wird, dass es schwierig war und man vielleicht unfähig ist zu lieben, und so führen herrlich entwaffnete Texte zu der Bitte, nicht zu gehen, dass es einen in den Wahnsinn treibt, dass man in der Kälte steht und weiß, dass man sich nicht wiedersehen wird und schließlich im letzten und besten Song des Albums, dass man nicht weiß wie die unvergleichliche gemeinsame Zeit zuende ging, wo der andere hingerannt ist, wo man selbst doch immer genau hier sein wird, und dies in einer noch gefällig-versöhnlichen Strophe, gefolgt von einem schleichend sehnsüchtigen Refrain, dessen konträre Wirkung, wenn sie mehr und mehr eintritt, einen mit ausgestrecktem Arm gegen das Unvermeidliche in die Ferne greifend laut schreien, wollen, lassen, lässt.
Kurz gesagt, ich liebe es. Es sind bis auf ein paar Low Lights zur Mitte des Albums einfach gute, gewohnt simple Songs, die nicht immer perfekt produziert sind, aber unaufdringlich Seele versprühen.


Fitness Last. Gedanken eines Schwächlings.
Es hat einen ja schon immer interessiert, wie man mit Muskeln aussieht.
Man kann echten Kerlen dabei zuhören, wie sie sich gegenseitig Komplimente für ihre Nippel machen.
Man ist fitter, man tut was für seinen Körper, was für die (oft geschundene) Beziehung zu diesem förderlich sein kann.
Es könnte gut fürs Selbstbewusstsein sein.
Es gibt im Glücksfall was zu gucken.
Man tut mal was, was man eigentlich niemals tun würde.

Man würde das eigentlich niemals tun.
Im Unglücksfall IST man "was zu gucken".
Es könnte aus den falschen Gründen gut fürs Selbstbewusstsein sein.
Eigentlich könnte man ja auch Sport in der Natur machen und(/oder) Geld sparen.
Man begegnet nicht diesen Leuten; vielleicht würde man sonst auch wie diese Leute.
Eigentlich mag man es, wenn einem Menschen ins Gesicht sehen.
Niemand schämt sich für seine eigenen Muskeln, aber vielleicht jemand anders.


Der Nadel der Welt
(Die Naht ist aufgegangen)

Auf, auf, such, such, such
mit einer winz'gen Gabel
im Heu die Nadel,
flieh vor'm angebor'nen Fluch.

Nur mit drei Zinken
in der Welt voller Suppe
kämpft stark die Gruppe
gegen rasches Ertrinken.

Emergency Calls
geh'n ein im Heartbreak Hotel,
verklingen doch schnell,
was soll's, let's go to the malls.

Ein Schrei: HEUREKA!
Wie Archimedees,
sowie später Thees:
Juchee(s), die Nadel liegt bar!

1 Kommentar:

  1. Tach auch.

    Besten Dank für den Link zum neuen "Chairlift"-Video. Die Sängerin hat eine traumhafte Stimme, und sie sieht auch genau so aus, wie sie klingt. An Fantasie scheint´s ihr ebenfalls nicht zu mangeln.

    Weil diese Musik so raffiniert psychedelisch ist, hat sie hohen Suchtfaktor. Definitiv endlosschleifen-geeignet. Synthie-Pop aus dem Feinkostladen, akustisch wie visuell. Für "Viva"-Geschädigte absolut wohltuend.

    Falls die 2 Bandmitglieder keine Megastars werden (auf ihrer ersten BRD-Tour 2009 spielten sie in ganz kleinen Schuppen, in München nur vor 20 Zuhörern), könnte es am Marketing liegen: "Chairlift" ist als Name für eine Band nicht unbedingt ein Knaller. Und das neue Album "Something" zu nennen, war die stumpfste von allen Möglichkeiten. Man stelle sich vor, es wäre eine deutschsprachige Band: Wer wäre hierzulande spontan neugierig auf ein Album mit dem Titel "Etwas" von einer Band, die sich "Sessellift" nennt?

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